Der moldauische Finanzsektor
Dienstag, 4. Februar 2025, 17:30 Uhr, Kozlovna,
Str. Pushkin 24
mit Alexander Picker (Vorstand Moldindconbank)
Am 4. Februar trafen wir uns zu einem vorgezogenem Stammtisch und einer Gesprächsrunde mit Alexander Picker. Er leitet eine der vier großen Banken in Moldova. Die MAIB, die Moldinconbank (22% Marktanteil), die Victoriabank und die OTB haben gemeinsam 90% des Marktes in Moldova. Wir haben vernommen, dass es den Banken in Moldova gut geht, auch wenn die moldauische Wirtschaft im allgemeinen kriselt: BIP 2024 nur 0,6%, Inflation bei 7%, Industrieproduktion bei -10%. Der größte Faktor dabei ist die hohe Last durch die gestiegenen Energiepreise.
Die Nationalbank hat den Leitzins gerade von 3% auf 5,5% angehoben. Mittelfristig werden die Banken nachziehen. Derzeit liegen die Zinsen für Einlagen etwa bei 3% und für Kredite bei 9%. Die Kapitalrate in Moldova liegt bei erstaunlichen 30% und die Rate an problematischen Krediten bei ebenfalls erstaunlichen geringen 4%. Das deutet darauf hin, dass die Banken hier nur sehr restriktiv Kredite verleihen. Diese Annahme stützt die geringe Penetrationsrate von nur 20%: Nur 20% des nationalen Bruttosozialprodukts werden als neue Kredite in den Umlauf gebracht. Normal gehe man bei einer gesunden Wirtschaft von 300% aus. Dies bringt unseren Referenten zu der Annahme, dass es ein großes Wachstumspotenzial gibt, denn man könnte theoretisch 15 mal mehr Kredite verleihen und die Wirtschaft so in Schwung bringen.
Allerdings schwächelt der Agarsektor und die Banken machen vor allem Geld im Hypothekengeschäft. Dieses Geschäft wird vor allem von UkrainerInnen gestützt und könnte auch eine Blase sein, wenn andere Sektoren nicht hinterher kommen und die Remittances (Zahlungen der Diaspora im Ausland nach Moldova) nachlassen und sich der Fokus nach dem Ende des Krieges in der Ukraine auf den Wiederaufbau in der Ukraine legt „Der Wiederaufbau in der Ukraine ist das größte Wirtschaftsprojekt des Jahrzehnts“.
Uns wurde daher ein gemischtes Bild gezeichnet. Zum Einen können wir uns für alle, die im Bankensektor arbeiten, freuen. Zum anderen wächst der Eindruck, dass die Banken gerade gutes Geld verdienen, um sich für schwierigere Jahre vorzubereiten.
Wir als deutschsprachige Gemeinschaft haben das Glück, an der Spitze der zweitgrößten moldauischen Bank mit Alexander Picker eine deutschsprachige Person zu haben, die uns Einblicke in diesen abstrakten aber so wichtigen Wirtschaftssektor geben kann.
www.mdw-moldova.org