Im Herbst 2023 gingen gleich drei Vorhaben der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Moldau in die operative Umsetzung: ein Bioenergiedorf auf Grundlage einer kommunalen Biogasanlage in Coșnița, eine Praxisanleitung für Bürgerenergie sowie die Planunghilfe von bäuerlichen Biogasanlagen in Selbsthilfe nach dem Bauherrnmodell. Projektträger sind die entwicklungspolitische Familienconsulting Spelleken Assoc. (Mitglied des MDW), der Genossenschaftsdienstleister innova eG aus Leipzig sowie der Maschinenring Kommunalservice aus Göttingen und Kassel. Dieser engagiert sich beispielsweise bereits seit 2017 in Moldau.
Ziel der Projekte ist die Reduzierung der CO2-Emissionen durch eine Ankurbelung der moldauischen Energiewende. Die Abkehr von fossilen Energieträgern dient in Moldau aber nicht nur den Klimazielen. Die energetische Resilienz ist inzwischen auch eine Frage von nationaler Sicherheit und Demokratie.
Im August 2024 kann aus der Projektarbeit berichtet werden, dass Bürgerenergie in Moldau noch konkreter ist als in Deutschland. Alle Beteiligten verlangen zügige Fortschritte in allen Sparten auch ohne die in Deutschland inzwischen selbstverständliche Subventionierung durch das EEG. Das Konzept von energia civica besagt zudem, dass der genossenschaftliche Anspruch in der postsowjetischen Kultur teilweise durch mittlere Konsortien von jeweils ca. 20 Bauern verwirklicht werden kann – Rechtsform übergreifend.
Biogas ist zwar eine zu Geschichte und Landwirtschaft Moldaus scheinbar ideal passende Lösung, die das Einkommen auf dem Land spürbar erhöht und daher auch auf der Fläche wirkt. Es wurde daher eigens eine Arbeitsgruppe DBIO in Deutschland gegründet, um ein maßgeschneidertes Energiekonzept für Moldau zu entwickeln. Dies umfasst bis zu 100 bäuerliche und über 10 kommunale Biogasanlagen in den nächsten 10 bis 20 Jahren. Das Highlight aber ist die Grund- und Spitzenlastfähigkeit des Biogases, so dass große Volumina Wind- oder Solarstrom aufgrund einer Grundstruktur von Biogasanlagen stabil verteilt werden können. Dazu tragen dezentrale Speicherlösungen bei, die für die Energieträger Wärme und Gas viel leichter gehen als für Strom selbst.
Zugleich ist viel Aufbauarbeit nötig im Bereich der Substraterfassung und der Aus- und Weiterbildung in Moldau selbst, um Hochleistungsanlagen selbst zu steuern und optimal auszulasten; denn die bestehenden nur acht Anlagen zeigen, dass schlüsselfertige Anlagen häufig am Bedarf vorbei arbeiten. Zwar sind Moldauer:innen teilweise begnadete Autodidakten. Aber an der Anlage müssen auch Menschen arbeiten, die Kraft ihrer Ausbildung gerne und gut mit Fütterung und Vergärung umgehen können. Denn das ist gelebte Biochemie.
Wenn alles funktioniert, können europäische Anleger in Moldau bald gezielt in klimarettende Energieprojekte investieren und damit ungleich effektiv die Demokratie Europas sichern.
Kontakt: Hans-Gerd Spelleken, spelleken@spellekenassociates.de oder +49 172 6601858
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Bilder aus dem MDW-Vereinsleben